„Wenn die Kindererziehung in einer Erziehungskrise endet: Marga Bielesch beantwortet 3 Fragen zu ihrem neuen Buch“
- Marga Bielesch
- vor 13 Stunden
- 3 Min. Lesezeit

Da in wenigen Wochen mein neues Buch „Bindungsorientierte Erziehung als Team: Gemeinsam Konflikte bewältigen und als Elternpaar gestärkt aus ihnen hervorgehen - Emotional Load teilen“ erscheint, beantworte ich euch die meistgestellten Fragen bei Instagram in einem neuen Blogbeitrag.
Kurz aber noch ein paar Zeilen zum Buch: »Beim Erziehungsstreit geht es um so viel mehr als darum, wie man richtig mit dem Kind umgeht.« Zahlreiche Ratgeber zeigen Eltern heutzutage, wie sie zugewandt mit ihren Kindern umgehen und schwierige Situationen von Anziehen bis Zähneputzen einfühlsam und bindungsstärkend auflösen können. Aber was, wenn nicht das Kind, sondern die Partnerperson das Problem ist? Unterschiedliche Sozialisierung, fehlende Rollenmodelle und mangelnde Vereinbarkeit führen häufig zu unterschiedlichen Wissens- und Erfahrungsvorsprünge – und zu Konflikten, wenn es um den »richtigen« Umgang mit dem Kind geht. Hinter diesen Auseinandersetzungen steckt häufig der Wunsch nach Anerkennung, Wertschätzung und Raum für sich selbst; es geht um Kritik, Überforderung, Erschöpfung und Stress, um Kompromisse und Aufgabenverteilung. Aber solche Herausforderungen können Elternpaare sogar stärken, und mein Buch zeigt, wie!
Ich wurde gefragt: Marga, wie wichtig ist es, dass ich mit meiner Partnerin bewusst und konstruktiv kommuniziere? Welche konkreten Kommunikationsstrategien empfiehlst du, um Missverständnisse in der Erziehung zu vermeiden?
Elternschaft ist anstrengend. Ich sage da nur: Mental Load, Emotional Load. Eltern haben tagtäglich viele Aufgaben zu erledigen, und ja, da findet man manchmal nicht den richtigen Ton oder die richtigen Worte. Wenn unterschiedliche Erziehungshaltungen aufeinandertreffen oder ein Elternteil denkt, die Partnerperson sei zu streng oder unfair zum Kind gewesen, führt das oft zu Stress, denn man möchte das Kind beschützen. Die Dauerbelastung durch Care- und Erwerbsarbeit ist auch nicht zu unterschätzen. In solchen Momenten findet man oft nicht den richtigen Ton oder die passende Ansprache. Häufig wird dann das, was man beim anderen als falsch empfindet, kritisiert – und zwar in einer destruktiven Art. Kommunikation ist ohnehin eines der zentralen Themen in Paarbeziehungen, unabhängig davon, ob Paare Kinder haben oder nicht. In meinem Buch gibt es ganz konkrete Kommunikationsstrategien für Eltern: um aus Konfliktschleifen auszusteigen, um sich selbst zu reflektieren („Wie verhalte ich mich eigentlich in Konfliktsituationen? Gehe ich eher in die Vermeidung oder eher in die Konfrontation?“) und um mithilfe von Formulierungshilfen in hochstrittigen oder hochstressigen Situationen aufeinander zuzugehen und aus Eskalationen auszusteigen.
Marga, du schreibst in deiner Story von der Herausforderung, unterschiedliche Sozialisierungen und Erfahrungen in die Erziehung einzubringen. Kann man solche Unterschiede auch nutzen, um als Elternteam zu wachsen?
Absolut! Mütter und Väter wurden in den meisten Fällen unterschiedlich sozialisiert und bringen auch verschiedenes Erfahrungswissen im Kontext Kindererziehung mit, was nicht bedeutet, dass Mütter instinktiv wissen, wie man ein Kind bindungsstärkend ins Leben begleitet. Sie müssen sich das auch erst aneignen, indem sie sich z. B. mit anderen Müttern darüber austauschen, Kurse besuchen usw. Das birgt auf jeden Fall Konfliktpotenzial, kann aber auch eine wertvolle Chance sein, voneinander zu lernen. Entscheidend ist, dass man sich nicht als Gegner, sondern als Verbündete sieht – als Team. Dafür braucht es ein klares Commitment: die Vereinbarung, dass ihr beide bindungsorientiert erziehen wollt und euch dabei gegenseitig unterstützt. Dazu gehört auch, dass beide zu Elternworkshops gehen, Ratgeber lesen oder bindungsorientierte Podcasts hören und dass das nicht nur ein Elternteil macht. Es sollte für beide in Ordnung sein zu sagen: „Hey, das ging jetzt zu weit“, ohne dass die andere Person das persönlich nimmt. Wichtig ist, sich zu hinterfragen:
Wie reagiere ich in stressigen Situationen auf meine Partnerperson?
Wie kann ich aussteigen, wenn ich destruktiv reagiere?
An welchen Stellen können wir uns gegenseitig unterstützen?
Was bringst du an Erfahrungen in unsere Elternschaft ein?
Was bringe ich ein?
Dieses Wissen – darüber, was ihr jeweils mitbringt und darüber, wie ihr eure Elternschaft leben und was ihr an eure Kinder weitergeben wollt und was nicht – führt aus meiner Sicht dazu, dass Eltern beim Thema Erziehung ein Team werden.
Marga, welche Rolle spielt die biografische Reflexion in deinem Buch, und wie kann sie dazu beitragen, Konflikte in der Erziehung zu lösen?
Ich glaube, die biografische Reflexion ist ein ganz wichtiger Baustein, um Verhalten zu verstehen: Warum reagiert das eine Elternteil so und das andere anders? Sie hilft auch, eigene Muster zu erkennen – zum Beispiel, warum ich als erwachsene Person in bestimmten Situationen gegenüber meinem Kind auf eine bestimmte Weise reagiere oder immer so schnell wütend werde. Dabei spielen Glaubenssätze eine Rolle, eigene Bindungserfahrungen und Prägungen, die man selbst gemacht hat. Sich selbst zu reflektieren, ist ein entscheidender Schritt, wenn wir es anders machen wollen, als wir es vielleicht selbst erlebt haben.
Das waren die meistgestellten Fragen, die mich zu meinem neuen Buch erreicht haben. Und auch bei diesem Buch bleibe ich bei meiner Haltung: Wenn Liebe zur Baustelle wird, ist das noch lange keine Sackgasse. An Erziehungskonflikte kann sich eine Beziehung weiterentwickeln, und ihr entscheidet, ob ihr in der Erziehungskrise verharren wollt oder nach Lösungen sucht.
Eure Marga
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